ARD-DeutschlandTREND März 2024

Repräsentative Studie im Auftrag der ARD

Mehrheit gegen Taurus-Lieferungen

Nach dem erneuten Kanzler-Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine sowie den geleakten Gesprächen von Bundeswehroffizieren in russischen Medien dominierten sicherheitspolitische Themen die Schlagzeilen der letzten Tage. Die Mehrheit der Bundesbürger ist in Sorge, dass Deutschland zunehmend Ziel geheimdienstlicher Aktionen Russlands wird, aber auch zu wenig auf russische Spionageversuche vorbereitet ist. In der Taurus-Frage selbst folgt die Mehrheit der Bundesbürger der Position des SPD-Kanzlers. Die Ablehnung entsprechender Lieferungen fällt in der deutschen Bevölkerung sogar größer aus als zuletzt und zieht sich mit Ausnahme des Grünen- und FDP-Wählermilieus durch die Anhängerschaften aller Parteien.

Unterstützung höherer Verteidigungsausgaben, keine Einigkeit zur Finanzierung

Zwei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine schauen die Deutschen weiterhin besorgt auf die Sicherheitslage in Europa. Sechs von zehn fürchten nach wie vor, dass die Bundesrepublik direkt in den Krieg hineingezogen werden könnte. Für ebenso viele ist die Gefahr russischer Angriffe auf weitere Länder nicht gebannt. Unverändert offen zeigen sich die Deutschen daher gegenüber größeren Verteidigungs-Anstrengungen. Die Entscheidung der Bundesregierung, dauerhaft mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung und damit deutlich mehr als in früheren Zeiten auszugeben, halten drei von vier für richtig. Weniger einig sind sich die Bundesbürger bei der Finanzierung dieser Mehrausgaben. Vier von zehn bevorzugen Einsparungen in anderen Bereichen, ein gutes Drittel die Aussetzung der Schuldenbremse und die Aufnahme von Krediten. Während Haushaltsumschichtungen in den Reihen von AfD, FDP und Union favorisiert werden, ziehen die Anhänger von SPD, Grünen und BSW eher erweiterte kreditbasierte Finanzierungsspielräume vor. Die Anhebung von Steuern und Abgaben zur Refinanzierung höherer Verteidigungsausgaben überzeugt dagegen kaum einen Wahlberechtigten.

Gaza-Streifen: gewachsene Zweifel am Vorgehen Israels

Neben der Ukraine gilt seit dem Terrorangriff der Hamas vom vergangenen Oktober der Nahe Osten als weiterer gefährlicher Konfliktherd. Angesichts der sich zuspitzenden humanitären Situation im Gaza-Streifen wächst bei den Bundesbürgern die Kritik an Israel. Wie schon im vergangenen November stellen auch aktuell sechs von zehn in Frage, dass Militäraktionen gegen die Hamas selbst dann gerechtfertigt sind, wenn die palästinensische Zivilbevölkerung mitbetroffen ist. Zwar sehen weiterhin fast drei Viertel die Hamas als verantwortlich an für die prekäre Lage vor Ort. Mit 62 Prozent weist allerdings eine wachsende Zahl ebenso Israel eine Verantwortung hierfür zu. Das militärischen Vorgehen Israels im Gaza-Streifen bewertet mittlerweile jeder zweite Bundesbürger als zu weitgehend, lediglich gut jeder Vierte empfindet es als angemessen.

Regierungs- und Politikerbwertung: bislang keine sichtbare Trendumkehr für Ampel

Keine grundsätzlich veränderten Haltungen nehmen die Bundesbürger zur Arbeit von Bundesregierung, sowie den Spitzen von Koalition und Opposition ein. 19 Prozent (+2) sind mit den Ampel-Leistungen zufrieden, 80 Prozent (-1) üben Kritik. Kanzler Scholz überzeugt 21 Prozent (+1) der Wahlberechtigten, FDP-Finanzminister Lindner 22 Prozent (+2). Besser liegen im Bevölkerungsurteil Wirtschaftsminister Habeck mit 25 Prozent (-1) und Unions-Fraktionsvorsitzender Merz mit 28 Prozent (-1). Außenministerin Baerbock überzeugt 35 Prozent (+/-0). Allerdings zieht nach wie vor allein Verteidigungsminister Pistorius (55 Prozent; +5) mehr positive als negative Urteile auf sich. Er ist zudem der einzige Politiker mit größeren Sympathiezuwächsen im Monatsverlauf. AfD-Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla kommt auf einen aktuellen Zuspruch von 12 Prozent, Linken-Vorsitzende Janine Wissler auf 8 Prozent.   

Wenig Veränderungen in der Sonntagsfrage

Auf eine gemeinsame Mehrheit könnten die drei Ampelparteien bei einer Bundestagswahl zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin nicht setzen. Die Sozialdemokraten hätten wie im Vormonat 16 Prozent in Aussicht, die Grünen weiterhin 14 Prozent, die FDP käme auf 5 Prozent (+1). Die Union wäre mit 29 Prozent (-1) weiterhin stärkste Kraft, gefolgt vor der AfD, die wie im Vormonat mit 19 Prozent (+/-0) rechnen könnte. Die Linke würde nach wie vor mit 3 Prozent (+/-0) an der Mandatsschwelle scheitern, während die Linken-Abspaltung BSW dagegen mit 6 Prozent (+1) in den Bundestag einzöge. Alle übrigen Parteien kämen zusammen derzeit auf 8 Prozent (-1), darunter keine weitere Partei mit einem Stimmenanteil von mindestens 3 Prozent.

Kommissionspräsidentin von der Leyen: Zuspruch bei Unions-, SPD- und Grünen-Wählern

Ursula von der Leyen folgte 2019 nach zähen Verhandlungen zwischen Ratsmitgliedern und Europäischem Parlament Jean-Claude Juncker ins Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Die CDU unterstützt eine weitere Amtszeit der Politikerin nach der Europawahl. In Deutschland überzeugt die Brüsseler Arbeit der Politikerin kaum verändert zum vergangenen Sommer ein gutes Drittel der Bundesbürger. Die Hälfte äußert sich unzufrieden. Abgesehen von den Unions-Anhängern erntet die Kommissionspräsidentin auch bei den Anhängern von Grünen und SPD vorwiegend wohlwollende Urteile. Insbesondere in den Reihen von AfD und BSW überwiegt dagegen massive Kritik.

Studieninformation
Grundgesamtheit

Wahlberechtigte in Deutschland

Erhebungsmethode

Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung

Fallzahl

1.288 Befragte
(765 Telefoninterviews und 522 Online-Interviews)

Erhebungszeitraum

04. bis 06. März 2024

Schwankungsbreite

2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent

© infratest dimap

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