ThüringenTREND Juni 2024

Repräsentative Studie im Auftrag des MDR

Weiter mehrheitliche Kritik an Landesregierung

Wie im benachbarten Sachsen wird am 01. September auch in Thüringen der Landtag neu gewählt. Der letzte Wahlgang in Thüringen endete 2019 mit einem Sieg der Linken unter Ministerpräsident Bodo Ramelow bei gleichzeitig unübersichtlichen Kräfteverhältnissen, so dass das Bündnis aus Linken, SPD und Grüne ihre Regierungsarbeit ohne eigene Mehrheit fortsetzen musste. Zur Arbeit der Linken-geführten Minderheitskoalition äußern sich aktuell 39 Prozent zufrieden, 56 Prozent üben Kritik. Das Urteil zu den Erfurter Regierungsleistungen fällt damit zwar leicht besser als im März aus, die Unzufriedenheit überwiegt allerdings weiter deutlich. An den Zuspruch zur letzten Landtagswahl reicht das Drei-Parteienbündnis bei weitem nicht heran. 

Wichtigste Probleme: Zuwanderung verdrängt Bildung

Die aktuelle Problemagenda der Thüringer unterscheidet sich deutlich von der vor fünf Jahren. War die Problemsicht der Wahlberechtigten damals vor allem von Schul- und Bildungsthemen geprägt, stehen bei ihnen gegenwärtig Migrationsfragen an erster Stelle. 39 Prozent (+22) und damit wesentlich mehr als zur letzten Landtagswahl sehen in der Zuwanderung die derzeit größte landespolitische Herausforderung, für 25 Prozent (-11) ist die Landespolitik primär in der Bildungspolitik gefordert. Größeres Gewicht als 2019 haben für die Thüringer Wirtschaftsfragen mit 11 Prozent der Nennungen (+6). Genauso viele (11 Prozent; +8) und damit ebenfalls mehr als zur letzten Landtagswahl problematisieren eine wachsende Distanz zwischen Bürgern auf der einen und Politik bzw. Verwaltung auf der anderen Seite. Soziale Ungleichheit (+/-0), Verkehrsinfrastrukturfragen (-7) sowie ein Erstarken rechter Positionen (+4) zählen für jeweils 8 Prozent zu den zentralen landespolitischen Problemen im Freistaat.  

Zuspruch für Ramelow, aber weniger populär als 2019

Die Basis für den Linken-Erfolg von 2019 legte Bodo Ramelow. Der thüringische Ministerpräsident ist auch vor dieser Wahl der mit Abstand populärste Landespolitiker. Er reicht an seinen Zuspruch von vor fünf Jahren gleichwohl nicht heran. Mit der Arbeit des Linken-Politikers ist derzeit die Hälfte der Thüringer (52 Prozent) zufrieden. Auf ihn folgen mit deutlichem Abstand CDU-Herausforderer Mario Voigt (23:37 Prozent) und Björn Höcke von der AfD (21:64 Prozent), bei beiden überwiegt das kritische Urteil. FDP-Fraktionschef und Kurzzeitministerpräsident Thomas Kemmerich erhält von knapp jedem Fünften Zuspruch (18:50 Prozent). Ähnliches gilt für den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenminister Georg Maier (17:28 Prozent). Zur BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf äußern sich 16 Prozent zufrieden, einer Mehrheit ist die Eisenacher Oberbürgermeisterin und frühere Linken-Politikerin jedoch kein Begriff. Madeleine Henfling, Spitzenkandidatin der Grünen, erzielt nicht zuletzt aufgrund sehr geringer Bekanntheit den geringsten Zuspruch (6 Prozent). 

Im direkten Vergleich mit den Spitzenkandidaten von CDU und AfD wird Bodo Ramelow für das Amt des thüringischen Ministerpräsidenten erneut klar vorgezogen. Bei einer Direktwahl würde knapp die Hälfte (47 Prozent) für ihn votieren. Für Mario Voigt von der CDU und Björn Höcke von der AfD würden sich jeweils 18 Prozent entscheiden.

Sonntagsfrage: AfD stärkste Kraft, gefolgt von CDU und BSW, Linke unter Druck

Trotz des Popularitätsvorsprungs von Bodo Ramelow sind die momentanen Wahlchancen für die Partei des Ministerpräsidenten in Thüringen begrenzt. Die Linke hätte bei einer Landtagswahl zum jetzigen Zeitpunkt 11 Prozent in Aussicht, 5 Punkte weniger als im März. Die Linke bliebe damit nicht nur deutlich hinter der AfD und CDU zurück, sondern auch hinter der Linken-Abspaltung BSW. Im Vergleich zur Landtagswahl 2019 bricht die Linke massiv ein (2019: 31 Prozent). Die AfD gibt mit 28 Prozent zwar einen Punkt im Vergleich zu März ab, bliebe aber klar stärkste Kraft. CDU und BSW steigern sich gegenüber März und könnten aktuell mit 23 bzw. 21 Prozent rechnen.

Die Sozialdemokraten hätten 7 Prozent in Aussicht. Die Grünen würden mit 4 Prozent derzeit an der Mandatsschwelle scheitern. Auch die FDP wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr im Landtag vertreten. Sie käme gemeinsam mit allen anderen Parteien auf 6 Prozent. Damit blieben die Kräfteverhältnisse im Bundesland weiter unübersichtlich, erprobte Mehrheiten wären erneut ausgeschlossen. Eine Regierungsbildung ohne die AfD wäre bei einem solchen Ergebnis in Thüringen nur mit einem Drei-Parteien-Bündnis unter Einschluss des BSW möglich.

Weiterhin Sorge um Regierungsbildung

Die Thüringer sorgen sich weiterhin mehrheitlich (73 Prozent; +4 zu März) um den Zustand der Demokratie in ihrem Bundesland, und zwar über alle Parteigrenzen hinweg. Die zerklüftete Parteienlandschaft im Bundesland dürfte hieran einen maßgeblichen Anteil haben. Dass es im Herbst wie schon zur letzten Landtagswahl in Erfurt keine stabilen Regierungsmehrheiten geben könnte, beunruhigt wie im März mit 81 Prozent (+/-0) eine Mehrheit der Wahlberechtigten. Eine Regierungsbildung unter Einschluss der AfD stellt zugleich für die Thüringer weiterhin keine Option dar. Wie bereits im Frühjahr steht gut jeder Zweite einer AfD-Regierungseinbindung kritisch gegenüber (56 Prozent; -1). Mit der Parteineugründung BSW steht Thüringen vor einer weiteren Fragmentierung des Parteiensystems, was die Regierungsbildung im Herbst vor neue Herausforderungen stellen dürfte. Dennoch wird das BSW als neues Parteienangebot von sechs von zehn Wahlberechtigten grundsätzlich positiv bewertet. Damit sind in Thüringen die Sympathien für das Parteienprojekt seit März sichtbar gewachsen.  

Kontakt
Anja Miriam Simon

Thüringen

Sonntagsfrage

Übersicht & Zeitverlauf

Studieninformation
Grundgesamtheit

Wahlberechtigte Bevölkerung in Thüringen

Erhebungsmethode

Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung

Fallzahl

1.172 Befragte
(687 Telefoninterviews und 485 Online-Interviews)

Erhebungszeitraum

13. bis 16. Juni 2024

Schwankungsbreite

2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent

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